Inszenierungen _ Text

UMGEBEN VON DER JUNGFRAU MARIA – ICH

Text: Matthias Blumhagen, Dresden

Schwarzer Hintergrund, davor das Ungetüm einer anachronistischen Holzkamera für Negative von 30 mal 40 cm Größe; improvisiert eine Rampenbeleuchtung, zwei Studioleuchten strahlen zusätzlich seitlich und schräg von oben auf die Szene. Die Darstellerin eilt fünfmal zu neuen Kostümdetails, in neue Positionen, nimmt neue Gesten ein. Jede Geste wird von der ›Regie‹, den übrigen Beteiligten, sorgsam nach den Vorlagen korrigiert. Für jede Position wird einfach der Deckel vom Objektiv genommen und so etwa fünf Sekunden lang belichtet. Der Akteur hinter der Kamera zählt hörbar mit – so lange muß die Darstellerin zu erstarren versuchen.

Das Ergebnis dieser Aktion wird dann umgehend zu betrachten sein, denn belichtet wird auf Photopapier und dieses, als Negativ, kann bei Laborlicht in der Schale entwickelt werden.

Streng akzeptiertes Traditionsbewußtsein zu verschwistern mit subjektiver Selbstbefragung: dies und nicht weniger sollte für Mira Bergmüller (9.Sem./Prof. Honert) die Aufgabenstellung für ihre photographische Inszenierung sein. Als ausgebildete Holzbildhauerin ›wurzelt‹ sie förmlich in süddeutsch-katholischer Bildtradition; der Einsatz eines hartnäckigen ICH-Bezugs soll Akzeptanz mit Distanzierung den überlieferten Formeln gegenüber verbinden.

Die Weihnachtskrippe mit ihrer festgelegten Gruppierung von Figuren stellte den Rahmen dar, der in enger Anlehnung an klassische Darstellungen dieser Szenerie mit der Autorin als alleiniger Darstellerin zu füllen war: photographisch nur als Mehrfachbelichtung zu realisieren, womit alle Beteiligten in ein für sie weitgehend unerprobtes Gebiet geführt werden mußten.

Ein photographisches Inszenierungsvorhaben wie das hier dargestellte läßt natürlich gleichberechtigt zwei Wege zu: den Einsatz aller Mittel strikt auf das perfekt durchorganisierte Ergebnis zu richten – oder aber sich den Erkundungen scheinbar zufälliger Prozesse ›zwischen‹ den beabsichtigten offen zu halten. Dies bedeutet Beherrschung der technischen Mittel im einen Fall, spielerische Verwandlung im anderen.

Die Fotografien entstanden im Wintersemester 2003 im Fotoatelier der Hochschule für Bildene Künste, Dresden in Zusammenarbeit mit dem Fotografen Matthias Blumhagen.

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